Januar
Niemand anderes als der hochwohlverehrteste Fürst Kato, Prinz der Domäne Mimigernafurt, Ahn der gelehrten und Held von Calais hatte die Domäne in dieser klarkalten Januarnacht zu sich ins Wasserschloss Senden gerufen. Vom Protektor Fischer begrüßt versammelten sich zur verkündeten Zeit 8 Vasallen sowie drei Gäste der Domäne um eine große Tafel neben einem zur Hälfte gefüllten Aquarium. Von außen hätte wohl kein Passant erwartet, dass das momentan in Renovation befindliche und, so mir die Bemerkung erlaubt sei, leicht baufällig wirkende, Gebäude so eine Atmosphäre beherbergen könnte, was unserer Sache natürlich nur zugutekommt.
Überraschend war die Abwesenheit von Frank Schmidt, Neugeborenem vom Clan der Könige, dessen Wunsch, vor unserem Fürsten zu treten und den Vasalleneid abzulegen, in den letzten Monaten immer ein beinahe beindruckendes Leuchtfeuer von Tatendrang dargestellt hatte. Vielleicht gab dies aber auch den drei Gästen der Domäne, namentlich
Esmeralda Faye, Neugeborene von Haus und Clan Tremere
Madame Aurelia, Neugeborene vom Clan Nosferatu
Francois de la Luciole, Neugeborener vom Clan Malkav
die Möglichkeit, ein wenig aus dem Schatten des Ventrue herauszutreten. Gerade bei Esmeralda und Francois, welche beide durch Komplikationen bei der Anmeldung das vollständige Gastrecht durch den Seneschall verwehrt wurde, sollten durch diesen Umstand ein wenig entlastet werden, da es ihnen den Druck nahm, sich neben dem Ventrue profilieren zu müssen.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals die Umsicht erwähnen, die Protektor Fischer an diesem Abend zeigte, indem er andere auf Dinge hinwies, die eventuell anders hätten gehandhabt werden sollen.
An dieser Stelle sei dir nochmal versichert, Erik, dass ich keinerlei Groll gegen dich hege. Jeder von uns hat eine Aufgabe zu erfüllen von der sehr viel, wenn nicht gar alles abhängt und ich bin der Meinung, dass du vollkommen richtig gehandelt hast…
Was sich allerdings nicht so leicht zerstreuen ließ wie die Zweifel und Fragen einiger Domänenmitglieder bezüglich der Ereignisse der letzten Monate, war die drückende, erstickende Stille über den Versammelten. Es schien fast wie ein statischer Sturm, der sich über den Köpfen zusammenzog und der trotz mehrmaliger Bemühungen nie vollständig gebrochen werden konnte. Jeder Vasall blieb wie ein Molekül in einer Lösung unter sich, vielleicht mangelte es einfach an einem Katolysator, um dem Ganzen zur Reaktion zu verhelfen. Einzig Esmeralda und Ancilla Müller schienen ein durchaus interessantes Gespräch miteinander zu führen, vielleicht bedingt durch ein Thema, mit dem sie beide gewisse Berührungspunkte teilten. Der Rest der Domäne unterhielt sich über Taucherglocken und eine khainitische Fremdenlegion, in der Neuankömmlinge ihren Wert unter Beweis stellen müssten, bevor sie willkommen geheißen werden.
Das Erscheinen des Fürsten ging einher mit einer spürbaren Entladung der Spannung als sich die Domäne wie ein Mann auf ihre Knie begab, endlich befreit von der Unsicherheit, was zu tun sei. Nach einer kurzen Ansprache an die Versammelten, wo unser Fürst auch mich bezüglich des letzten Abends befragte und mir infolgedessen auftrug, die Chronik der Domäne zu führen und dadurch zu beobachten und zu lernen, trug Fürst Kato allen Anwesenden, sich die Position aller anderen Vasallen im Raum einzuprägen und anschließend die Augen zu schließen und auf sein Zeichen die, noch immer geschlossenen, Augen auf den Kainiten zu richten, den man als Feind betrachtete. Ich denke, es ist immer wieder interessant, sich in diesem Moment in andere hineinzuversetzen, zu überlegen, wer einen gerade ansieht und warum er die eigene Person Feind versteht. Ich weiß, wen ich angesehen habe und er weiß es auch, aber das tut nichts zur Sache. Der wahre Feind, wie Fürst Kato betonte, ist in uns selbst und ihn zu besiegen ist unsere wichtigste Aufgabe, vor dem Kampf gegen andere Gefahren.
Der Fürst schärfte uns ein, dass er diese Stadt nicht befreit habe, nur um zu sehen, wie sie in unseren Händen zerpflückt und aufgerieben wird, während er an der Grenze den Sabbat zurückschlägt. Er ordnete deswegen an, dass alle Anwesenden sich Gedanken bezüglich einer Agenda für das kommende Jahr machen sollten, in der es vornehmlich um die innere Sicherheit gehen sollte. Diese Listen sollten anschließend in der Gruppe zusammengetragen und zu einer allgemeinen Liste zusammengefasst werden. Während bereits, unter hilfreichen Anstößen des Seneschalls, die ersten Punkte auf die einzelnen Listen eingetragen wurden, hieß der Fürst die Neuankömmlinge zusammen mit ihren Ancillae einen nach dem anderen vortreten, damit sie ihm vorgestellt werden konnten. Francois und Aurelia erhielten beide das Bleiberecht, wobei der Prinz der Nosferatu und ehemaligen Anarchin versicherte, dass ihr ein schreckliches Schicksal bevorstehen würde, wenn sie die Domäne zu hintergehen versuche. Fräulein Faye hingegen wurde, aufgrund ihrer Mithilfe beim Ritual zur Vernichtung des Bluthundes erlaubt, im Verlaufe des Abends den Eid vor unserem Prinzen abzulegen und ein vollwertiger Vasall der Domäne zu werden.
Die Zusammenfassung der einzelnen Listen zeigte einmal mehr, wie unterschiedlich einzelne Personen an solch eine Aufgabe herangehen: Von ordentlichen Auflistungen einzelner Punkte über die themensortierte Auflistung einzelner Punkte und der Orientierung an den Bedürfnissen eines Heeres bis hin zu einer wilden, nahezu postmodernen Ansammlung verschiedener Schlagworte und Geistesblitzen. Allerdings wiederholten sich einzelne Punkte, wie zum Beispiel die Bündelung der Ressourcen der Stadt Münster zur sinnvollen Nutzung bei einem Angriff oder die Aufstellung eines zweiten Verteidigungsringes. Unter dem Diktat des Prinzen wurde die vollständige Agenda von meiner Person zusammengetragen und anschließend in die Hände Katos übergeben.
Bevor der Prinz den Abend offiziell beendete schärfte er der Domäne nochmals ein, dass sämtliche Elemente der Domäne zu funktionieren haben und dass er bei seinem nächsten Besuch eine genaue Abrufung des mindesten, was von der Domäne zu erwarten sei, einfordern würde. Nachdem der Fürst den Abend verlassen hatte zerstreuten sich auch die anderen Mitglieder der Domäne allmählich, vielleicht weil das entstandene Vakuum an ihnen zu zerren begann. Letztendlich blieben nur Protektor Fischer, meine Person und eine aufmerksam zuhörende Esmeralda sowie ein Gespräch über verschlucktes Licht und lebende Bomben, Sabbattaktiken eben.
Insgesamt kann man sagen, dass dieser Abend einen guten Grundstein für das Jahr 2020 setzt, vielleicht wegen oder gerade durch das offenkundige Fehlen bösen Blutes und dem nicht erfolgten Vergießens selbigen. Auch wenn das letzte vielleicht eher durch Bewegungen auf einer tieferen Ebene veranlasst wurde anstatt durch die offensichtlichen Bemühungen der betreffenden Person….
Wie weit muss ein Weg sein, damit all die Schritte sind vertan?
Februar, ein Monat des Übergangs, wenn sich die schneidenden Winterwinde mit den ersten Strahlen des Frühlings über die Herrschaft des Himmels streiten. Ein Monat, der wie dafür geschaffen scheint, vergangene Gelöbnisse in die Tat umzusetzen und sie in das gerade erst erblühende Jahr hinüberzutragen. Erik Fischer hatte geladen, seine Bar wie so oft der Dreh- und Angelpunkt seiner Abendplanung. In seiner Einladung hatte der Gelehrte deutlich die Punkte gekennzeichnet, die er an diesem Abend mit der Domäne erarbeiten wollte, in der kurzen, präzisen Art und Weise, für die ich unseren Protektor mittlerweile mehr als schätze.
Viele Mitglieder fanden sich an diesem Abend in der vertrauten Kulisse aus angeschraubten Tischen, hoher Bar und vereinsamten Billiardtisch ein, auch wenn das Fehlen der Musik für den ein oder anderen vielleicht das Erlebnis ein wenig schmälerte. Ob das rege Interesse am Abend des Protektors jetzt vom Wunsch nach Gemeinsamkeit und Zusammenhalt in diesem neuen Jahr herrührte oder weil in seiner Einladung unterschwellig dieser eine, beinahe magnetisierend wirkende Begriff der „Einflüsse“ mitschwang, werde ich an dieser Stelle nicht hypothetisieren. Drei Clans schickten keinen Vertreter: Sowohl der Clan des Tieres als auch die Könige und Mondkinder glänzten an diesem Abend durch Abwesenheit, was bei so einem Abend doch für die ein oder andere hochgezogene Augenbraue sorgen dürfte. Dafür wurden am Abend zwei neue Besucher vom Clan der Verborgenen der Domäne vorgestellt:
Britta, Neugeborene vom Clan der Verborgenen, Besucherin der Domäne
Minako, Neugeborene vom Clan der Verborgenen, Besucherin der Domäne
Beide waren aus Mainz angereist, dem Ruf der Krämerin folgend, welche auch an diesem Abend durch ein gewandtes Auftreten und einen ebenso sicheren Stil aus den übrigen Mitgliedern der Domäne hervorzustechen vermochte. Ein Bild sagt manchmal mehr als eine exponentiell größere Anzahl an Worten und im Auftreten der Krämerin schwangen prestigeträchtige Geistesblitze wie „Astoria“ und „Moka Efti“ mit, was einige vielleicht an andere, eventuell sogar bessere, Zeiten erinnern mag.
Fischer machte die Anwesenden darauf aufmerksam, das die Sitzordnung frei wählbar sei, es aber aus Gründen der Diskussion untereinander durchaus ratsam sei, sich in den einzelnen Clans zu gruppieren. Seine Eingangsrede war, wie man es mittlerweile von ihm gewohnt ist, stark und zeigte deutlich seine Absichten mit diesem Abend: Die Aufgabe sei keine leichte und man sollte diesen Abend keinesfalls mit dem Offenlegen von Einflüssen verwechseln. Ein „Schirmherr“ genieße lediglich gewisse Vorrechte im besagten Bereich und einen Schutz seiner Interessen, da er schließlich die Hauptverantwortung über besagten Einfluss übernehmen müsste. Bei Versagen könnte besagte Schirmherrschaft auch wieder entzogen werden, was insgesamt für eine interessante Dynamik aus Strafe und Vergütung mit sich bringt; gewiss ein Anreiz für einige Mitglieder der Domäne, die ihre Fähigkeiten für die Domäne unter Beweis stellen möchten…
Fischer begann mit einer Auflistung von relevanten Themenbereichen, über deren Schirmherrschaft abschließend Interesse bekundet werden sollte. Bei Mehrfachmeldungen sollten Argumente der einzelnen Clans vorgebracht werden, warum besagter Bereich gerade ihnen zuzusprechen sei. Hier warf Seneschall Bernsteyn ein, man könnte auch einen Wettstreit zwischen Clans in einem Interessenskonflikt veranstalten: Wer innerhalb einer gewissen Zeitspanne den größten Einfluss auf besagten Teil aufbringen könne, solle die Schirmherrschaft behalten.
Interessanterweise kam es beim ersten Durchgang bei den 19 von Fischer aufgestellten Punkten nur zu 4 Konflikten. Dies schien dem Seneschall sauer aufzustoßen, der offen und lautstark auf die überraschende Einigkeit und die fehlende Gier aufmerksam machte. Was folgte war eine langwierige und eher mit der Stärke der Stimmbänder als der Kraft von Argumenten geführte Diskussion, an deren Ende sich Fischer mit dem Ausspruch: „Als Ich hier ankam, hatten wir nicht einmal das!“ aus der Bar entschuldigte und für eine kleine Pause sorgte. Als Chronist möchte ich nur folgendes einwerfen: Die eigene Gier kann ein potentes Agens sein, allerdings hat Fischer eindeutig darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei der Schirmherrschaft vor allem um eine Verantwortung mit einhergehenden Boni sein. Es erscheint demnach durchaus weise, dass Clans sich auf Bereiche fokussieren, in denen sie Erfahrungen besitzen oder bereit sind, jene Verantwortung auf sich zu nehmen und andere, vielleicht sogar verlockende Bereiche anderen Clans zu überlassen. So mancher Feldherr war nicht in der Lage, sein Herr zu konzentrieren und musste zusehen, wie seine dünne Schlachtlinie vom Feuer des Krieges verbrannt wurde wie ein dünner Strang Magnesium in einem Bunsenbrenner: Ein reinweißes Leuchtfeuer des eigenen Unvermögens.
Nachdem diese Pause, die zu vielen Gesprächen unter vier, sechs oder zum Teil auch acht Augen, zu einem Ende gekommen war, war es an der Zeit, die Bereiche mit mehrfachem Interesse aufzuteilen. Es ist durchaus interessant, zu sehen, was sich aus solchen Argumentationsstrukturen über einzelne Personen erfahren lässt und welche neuen Erkenntnisse und Verknüpfungen sich daraus kreieren lassen: Der Fakt, das Ancilla Strauß in zwei Weltkriegen als Mediziner tätig war, mag nicht nur für sein Wissen auf dem Gebiet der Medizin von Bedeutung sein, sondern auch für seine Fähigkeit zur Koordination und Führungsqualitäten, wie sie beim Schlag gegen den Bluthund sicherlich dringend benötigt waren. Ebenso zeigte Erik Fischer, dass die Thematik der Kanalleichen durch den geschickten Umgang mit der Justiz wesentlich schneller zu einem Ende gebracht werden konnte und demonstrierte dadurch, welch wichtigen Stellenwert die sinnvolle Nutzung einer solchen Ressource innehaben kann. Der einzige Einflussbereich, der nach der Wahl der Domäne noch unentschieden war, war der Bildungssektor, von sowohl dem Clan der Rose als auch Haus und Clan Tremere beansprucht. Letztendlich wurde entschieden, dass Clan Malkav die Schirmherrschaft über diesen Bereich erhalten sollte, was einen durchaus sinnvollen, wenn auch für manchen einen wesentlich uninteressanteren Kompromiss darstellt als die Alternative.
Nachdem das Hauptziel des Abends erfüllt war, klang diese Zusammenkunft langsam aus: Ivo Bernsteyn versprach einen kleinen Gefallen für Informationen aus dem Immobiliensektor bezüglich eines mysteriösen texanischen Investors, begrüßte die beiden Mainzer Gäste offiziell in der Domäne und sprach das Gastrecht für einen Monat aus. Anschließend verlief sich der Abend in einer kurzweiligen Themensammlung über die Deutungsebene des Films, die Verfeinerung von Blut sowie die Feinheiten der Chronistenarbeit.
Alles in allem ein gelungener Abend, der eindrucksvoll zeigt, dass Zusammenarbeit nicht nur sinnvoll, sondern auch möglich ist. Wenn die Domäne in diesem Tempo und mit solcher Effizienz weiterarbeitet, sollten die im Januar erarbeitete Agenda schon bald vollkommen erarbeitet, ein Ergebnis, auf das man mit Fug und Recht stolz sein kann. Es bleibt zu sehen, welche Irrungen und Wirrungen unter dem Grün des Frühlings mit sich zu bringen vermag, auch wenn Fortsetzungen bekanntlich selten die Erwartungen des Erstlingswerks übertreffen.
Wie weit muss ein Weg sein, damit all die Schritte sind vertan?
Niemand anderes als der hochwohlverehrteste Fürst Kato, Prinz der Domäne Mimigernafurt, Ahn der gelehrten und Held von Calais hatte die Domäne in dieser klarkalten Januarnacht zu sich ins Wasserschloss Senden gerufen. Vom Protektor Fischer begrüßt versammelten sich zur verkündeten Zeit 8 Vasallen sowie drei Gäste der Domäne um eine große Tafel neben einem zur Hälfte gefüllten Aquarium. Von außen hätte wohl kein Passant erwartet, dass das momentan in Renovation befindliche und, so mir die Bemerkung erlaubt sei, leicht baufällig wirkende, Gebäude so eine Atmosphäre beherbergen könnte, was unserer Sache natürlich nur zugutekommt.
Überraschend war die Abwesenheit von Frank Schmidt, Neugeborenem vom Clan der Könige, dessen Wunsch, vor unserem Fürsten zu treten und den Vasalleneid abzulegen, in den letzten Monaten immer ein beinahe beindruckendes Leuchtfeuer von Tatendrang dargestellt hatte. Vielleicht gab dies aber auch den drei Gästen der Domäne, namentlich
Esmeralda Faye, Neugeborene von Haus und Clan Tremere
Madame Aurelia, Neugeborene vom Clan Nosferatu
Francois de la Luciole, Neugeborener vom Clan Malkav
die Möglichkeit, ein wenig aus dem Schatten des Ventrue herauszutreten. Gerade bei Esmeralda und Francois, welche beide durch Komplikationen bei der Anmeldung das vollständige Gastrecht durch den Seneschall verwehrt wurde, sollten durch diesen Umstand ein wenig entlastet werden, da es ihnen den Druck nahm, sich neben dem Ventrue profilieren zu müssen.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals die Umsicht erwähnen, die Protektor Fischer an diesem Abend zeigte, indem er andere auf Dinge hinwies, die eventuell anders hätten gehandhabt werden sollen.
An dieser Stelle sei dir nochmal versichert, Erik, dass ich keinerlei Groll gegen dich hege. Jeder von uns hat eine Aufgabe zu erfüllen von der sehr viel, wenn nicht gar alles abhängt und ich bin der Meinung, dass du vollkommen richtig gehandelt hast…
Was sich allerdings nicht so leicht zerstreuen ließ wie die Zweifel und Fragen einiger Domänenmitglieder bezüglich der Ereignisse der letzten Monate, war die drückende, erstickende Stille über den Versammelten. Es schien fast wie ein statischer Sturm, der sich über den Köpfen zusammenzog und der trotz mehrmaliger Bemühungen nie vollständig gebrochen werden konnte. Jeder Vasall blieb wie ein Molekül in einer Lösung unter sich, vielleicht mangelte es einfach an einem Katolysator, um dem Ganzen zur Reaktion zu verhelfen. Einzig Esmeralda und Ancilla Müller schienen ein durchaus interessantes Gespräch miteinander zu führen, vielleicht bedingt durch ein Thema, mit dem sie beide gewisse Berührungspunkte teilten. Der Rest der Domäne unterhielt sich über Taucherglocken und eine khainitische Fremdenlegion, in der Neuankömmlinge ihren Wert unter Beweis stellen müssten, bevor sie willkommen geheißen werden.
Das Erscheinen des Fürsten ging einher mit einer spürbaren Entladung der Spannung als sich die Domäne wie ein Mann auf ihre Knie begab, endlich befreit von der Unsicherheit, was zu tun sei. Nach einer kurzen Ansprache an die Versammelten, wo unser Fürst auch mich bezüglich des letzten Abends befragte und mir infolgedessen auftrug, die Chronik der Domäne zu führen und dadurch zu beobachten und zu lernen, trug Fürst Kato allen Anwesenden, sich die Position aller anderen Vasallen im Raum einzuprägen und anschließend die Augen zu schließen und auf sein Zeichen die, noch immer geschlossenen, Augen auf den Kainiten zu richten, den man als Feind betrachtete. Ich denke, es ist immer wieder interessant, sich in diesem Moment in andere hineinzuversetzen, zu überlegen, wer einen gerade ansieht und warum er die eigene Person Feind versteht. Ich weiß, wen ich angesehen habe und er weiß es auch, aber das tut nichts zur Sache. Der wahre Feind, wie Fürst Kato betonte, ist in uns selbst und ihn zu besiegen ist unsere wichtigste Aufgabe, vor dem Kampf gegen andere Gefahren.
Der Fürst schärfte uns ein, dass er diese Stadt nicht befreit habe, nur um zu sehen, wie sie in unseren Händen zerpflückt und aufgerieben wird, während er an der Grenze den Sabbat zurückschlägt. Er ordnete deswegen an, dass alle Anwesenden sich Gedanken bezüglich einer Agenda für das kommende Jahr machen sollten, in der es vornehmlich um die innere Sicherheit gehen sollte. Diese Listen sollten anschließend in der Gruppe zusammengetragen und zu einer allgemeinen Liste zusammengefasst werden. Während bereits, unter hilfreichen Anstößen des Seneschalls, die ersten Punkte auf die einzelnen Listen eingetragen wurden, hieß der Fürst die Neuankömmlinge zusammen mit ihren Ancillae einen nach dem anderen vortreten, damit sie ihm vorgestellt werden konnten. Francois und Aurelia erhielten beide das Bleiberecht, wobei der Prinz der Nosferatu und ehemaligen Anarchin versicherte, dass ihr ein schreckliches Schicksal bevorstehen würde, wenn sie die Domäne zu hintergehen versuche. Fräulein Faye hingegen wurde, aufgrund ihrer Mithilfe beim Ritual zur Vernichtung des Bluthundes erlaubt, im Verlaufe des Abends den Eid vor unserem Prinzen abzulegen und ein vollwertiger Vasall der Domäne zu werden.
Die Zusammenfassung der einzelnen Listen zeigte einmal mehr, wie unterschiedlich einzelne Personen an solch eine Aufgabe herangehen: Von ordentlichen Auflistungen einzelner Punkte über die themensortierte Auflistung einzelner Punkte und der Orientierung an den Bedürfnissen eines Heeres bis hin zu einer wilden, nahezu postmodernen Ansammlung verschiedener Schlagworte und Geistesblitzen. Allerdings wiederholten sich einzelne Punkte, wie zum Beispiel die Bündelung der Ressourcen der Stadt Münster zur sinnvollen Nutzung bei einem Angriff oder die Aufstellung eines zweiten Verteidigungsringes. Unter dem Diktat des Prinzen wurde die vollständige Agenda von meiner Person zusammengetragen und anschließend in die Hände Katos übergeben.
Bevor der Prinz den Abend offiziell beendete schärfte er der Domäne nochmals ein, dass sämtliche Elemente der Domäne zu funktionieren haben und dass er bei seinem nächsten Besuch eine genaue Abrufung des mindesten, was von der Domäne zu erwarten sei, einfordern würde. Nachdem der Fürst den Abend verlassen hatte zerstreuten sich auch die anderen Mitglieder der Domäne allmählich, vielleicht weil das entstandene Vakuum an ihnen zu zerren begann. Letztendlich blieben nur Protektor Fischer, meine Person und eine aufmerksam zuhörende Esmeralda sowie ein Gespräch über verschlucktes Licht und lebende Bomben, Sabbattaktiken eben.
Insgesamt kann man sagen, dass dieser Abend einen guten Grundstein für das Jahr 2020 setzt, vielleicht wegen oder gerade durch das offenkundige Fehlen bösen Blutes und dem nicht erfolgten Vergießens selbigen. Auch wenn das letzte vielleicht eher durch Bewegungen auf einer tieferen Ebene veranlasst wurde anstatt durch die offensichtlichen Bemühungen der betreffenden Person….
Februar, ein Monat des Übergangs, wenn sich die schneidenden Winterwinde mit den ersten Strahlen des Frühlings über die Herrschaft des Himmels streiten. Ein Monat, der wie dafür geschaffen scheint, vergangene Gelöbnisse in die Tat umzusetzen und sie in das gerade erst erblühende Jahr hinüberzutragen. Erik Fischer hatte geladen, seine Bar wie so oft der Dreh- und Angelpunkt seiner Abendplanung. In seiner Einladung hatte der Gelehrte deutlich die Punkte gekennzeichnet, die er an diesem Abend mit der Domäne erarbeiten wollte, in der kurzen, präzisen Art und Weise, für die ich unseren Protektor mittlerweile mehr als schätze.
Viele Mitglieder fanden sich an diesem Abend in der vertrauten Kulisse aus angeschraubten Tischen, hoher Bar und vereinsamten Billiardtisch ein, auch wenn das Fehlen der Musik für den ein oder anderen vielleicht das Erlebnis ein wenig schmälerte. Ob das rege Interesse am Abend des Protektors jetzt vom Wunsch nach Gemeinsamkeit und Zusammenhalt in diesem neuen Jahr herrührte oder weil in seiner Einladung unterschwellig dieser eine, beinahe magnetisierend wirkende Begriff der „Einflüsse“ mitschwang, werde ich an dieser Stelle nicht hypothetisieren. Drei Clans schickten keinen Vertreter: Sowohl der Clan des Tieres als auch die Könige und Mondkinder glänzten an diesem Abend durch Abwesenheit, was bei so einem Abend doch für die ein oder andere hochgezogene Augenbraue sorgen dürfte. Dafür wurden am Abend zwei neue Besucher vom Clan der Verborgenen der Domäne vorgestellt:
Britta, Neugeborene vom Clan der Verborgenen, Besucherin der Domäne
Minako, Neugeborene vom Clan der Verborgenen, Besucherin der Domäne
Beide waren aus Mainz angereist, dem Ruf der Krämerin folgend, welche auch an diesem Abend durch ein gewandtes Auftreten und einen ebenso sicheren Stil aus den übrigen Mitgliedern der Domäne hervorzustechen vermochte. Ein Bild sagt manchmal mehr als eine exponentiell größere Anzahl an Worten und im Auftreten der Krämerin schwangen prestigeträchtige Geistesblitze wie „Astoria“ und „Moka Efti“ mit, was einige vielleicht an andere, eventuell sogar bessere, Zeiten erinnern mag.
Fischer machte die Anwesenden darauf aufmerksam, das die Sitzordnung frei wählbar sei, es aber aus Gründen der Diskussion untereinander durchaus ratsam sei, sich in den einzelnen Clans zu gruppieren. Seine Eingangsrede war, wie man es mittlerweile von ihm gewohnt ist, stark und zeigte deutlich seine Absichten mit diesem Abend: Die Aufgabe sei keine leichte und man sollte diesen Abend keinesfalls mit dem Offenlegen von Einflüssen verwechseln. Ein „Schirmherr“ genieße lediglich gewisse Vorrechte im besagten Bereich und einen Schutz seiner Interessen, da er schließlich die Hauptverantwortung über besagten Einfluss übernehmen müsste. Bei Versagen könnte besagte Schirmherrschaft auch wieder entzogen werden, was insgesamt für eine interessante Dynamik aus Strafe und Vergütung mit sich bringt; gewiss ein Anreiz für einige Mitglieder der Domäne, die ihre Fähigkeiten für die Domäne unter Beweis stellen möchten…
Fischer begann mit einer Auflistung von relevanten Themenbereichen, über deren Schirmherrschaft abschließend Interesse bekundet werden sollte. Bei Mehrfachmeldungen sollten Argumente der einzelnen Clans vorgebracht werden, warum besagter Bereich gerade ihnen zuzusprechen sei. Hier warf Seneschall Bernsteyn ein, man könnte auch einen Wettstreit zwischen Clans in einem Interessenskonflikt veranstalten: Wer innerhalb einer gewissen Zeitspanne den größten Einfluss auf besagten Teil aufbringen könne, solle die Schirmherrschaft behalten.
Interessanterweise kam es beim ersten Durchgang bei den 19 von Fischer aufgestellten Punkten nur zu 4 Konflikten. Dies schien dem Seneschall sauer aufzustoßen, der offen und lautstark auf die überraschende Einigkeit und die fehlende Gier aufmerksam machte. Was folgte war eine langwierige und eher mit der Stärke der Stimmbänder als der Kraft von Argumenten geführte Diskussion, an deren Ende sich Fischer mit dem Ausspruch: „Als Ich hier ankam, hatten wir nicht einmal das!“ aus der Bar entschuldigte und für eine kleine Pause sorgte. Als Chronist möchte ich nur folgendes einwerfen: Die eigene Gier kann ein potentes Agens sein, allerdings hat Fischer eindeutig darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei der Schirmherrschaft vor allem um eine Verantwortung mit einhergehenden Boni sein. Es erscheint demnach durchaus weise, dass Clans sich auf Bereiche fokussieren, in denen sie Erfahrungen besitzen oder bereit sind, jene Verantwortung auf sich zu nehmen und andere, vielleicht sogar verlockende Bereiche anderen Clans zu überlassen. So mancher Feldherr war nicht in der Lage, sein Herr zu konzentrieren und musste zusehen, wie seine dünne Schlachtlinie vom Feuer des Krieges verbrannt wurde wie ein dünner Strang Magnesium in einem Bunsenbrenner: Ein reinweißes Leuchtfeuer des eigenen Unvermögens.
Nachdem diese Pause, die zu vielen Gesprächen unter vier, sechs oder zum Teil auch acht Augen, zu einem Ende gekommen war, war es an der Zeit, die Bereiche mit mehrfachem Interesse aufzuteilen. Es ist durchaus interessant, zu sehen, was sich aus solchen Argumentationsstrukturen über einzelne Personen erfahren lässt und welche neuen Erkenntnisse und Verknüpfungen sich daraus kreieren lassen: Der Fakt, das Ancilla Strauß in zwei Weltkriegen als Mediziner tätig war, mag nicht nur für sein Wissen auf dem Gebiet der Medizin von Bedeutung sein, sondern auch für seine Fähigkeit zur Koordination und Führungsqualitäten, wie sie beim Schlag gegen den Bluthund sicherlich dringend benötigt waren. Ebenso zeigte Erik Fischer, dass die Thematik der Kanalleichen durch den geschickten Umgang mit der Justiz wesentlich schneller zu einem Ende gebracht werden konnte und demonstrierte dadurch, welch wichtigen Stellenwert die sinnvolle Nutzung einer solchen Ressource innehaben kann. Der einzige Einflussbereich, der nach der Wahl der Domäne noch unentschieden war, war der Bildungssektor, von sowohl dem Clan der Rose als auch Haus und Clan Tremere beansprucht. Letztendlich wurde entschieden, dass Clan Malkav die Schirmherrschaft über diesen Bereich erhalten sollte, was einen durchaus sinnvollen, wenn auch für manchen einen wesentlich uninteressanteren Kompromiss darstellt als die Alternative.
Nachdem das Hauptziel des Abends erfüllt war, klang diese Zusammenkunft langsam aus: Ivo Bernsteyn versprach einen kleinen Gefallen für Informationen aus dem Immobiliensektor bezüglich eines mysteriösen texanischen Investors, begrüßte die beiden Mainzer Gäste offiziell in der Domäne und sprach das Gastrecht für einen Monat aus. Anschließend verlief sich der Abend in einer kurzweiligen Themensammlung über die Deutungsebene des Films, die Verfeinerung von Blut sowie die Feinheiten der Chronistenarbeit.
Alles in allem ein gelungener Abend, der eindrucksvoll zeigt, dass Zusammenarbeit nicht nur sinnvoll, sondern auch möglich ist. Wenn die Domäne in diesem Tempo und mit solcher Effizienz weiterarbeitet, sollten die im Januar erarbeitete Agenda schon bald vollkommen erarbeitet, ein Ergebnis, auf das man mit Fug und Recht stolz sein kann. Es bleibt zu sehen, welche Irrungen und Wirrungen unter dem Grün des Frühlings mit sich zu bringen vermag, auch wenn Fortsetzungen bekanntlich selten die Erwartungen des Erstlingswerks übertreffen.
Seiten